Politik

Der AKK-Sieg: Spahns Wähler geben den Ausschlag

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Vom ersten zum zweiten Wahlgang sind 67 Spahn-Wähler zu AKK gewechselt.

Von Hubertus Volmer, Hamburg


Mit einer sehr guten Rede zieht Annegret Kramp-Karrenbauer 43 Prozent der Spahn-Wähler auf ihre Seite. Das bringt den Sieg. Ob sie erfolgreich ist, muss sich allerdings noch zeigen.

Am Ende holt die Siegerin die Verlierer zu sich. Wie eine Rockband seien sie bei den Regionalkonferenzen durch die Republik getourt, hatte Jens Spahn gerade in seinem Glückwunsch an Annegret Kramp-Karrenbauer gesagt. Die griff das auf. Dann sei es nur richtig, wenn jetzt noch einmal alle zusammen auf der Bühne stehen.

Wobei: Verlierer soll es nicht geben. Sie würde sich "sehr freuen, wenn sowohl Jens Spahn als auch Friedrich Merz gemeinsam" an der Erneuerung der Partei mitarbeiten, sagt Kramp-Karrenbauer, als sie die Wahl annimmt. "Das ist es, was die Mitglieder erwarten." Man kann das als Friede, Freude, Eierkuchen abtun. Aber vermutlich hat Kramp-Karrenbauer Recht: Das ist es, was die meisten Mitglieder wollen.

517 Stimmen hat sie bekommen, 35 mehr als Merz. Als das Ergebnis verkündet wird, jubelt der Saal – so klingt es zumindest. Viele Merz-Wähler dürften weniger begeistert sein. Beide, Merz und Spahn, gratulieren Kramp-Karrenbauer nicht nur, sondern geloben Eintracht. "Ich möchte Sie alle herzlich bitten, jetzt Ihre ganze Kraft und Ihre volle Unterstützung unserer neuen Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer zu geben", sagt Merz. Von seinen Anhängern ist zu hören, dass die Positionen, für die Merz steht, jetzt auch von der Parteispitze übernommen müssten. Schließlich habe er die halbe Partei hinter sich.

Auf der Bühne sagt Merz, er sei gerne bereit, der Partei zu helfen – wie genau, das bleibt offen. Auch Spahn zeigt sich als guter Verlierer. "Ich freue mich auf die Zusammenarbeit." Er sei "gern dabei, bei diesem Start, und werde deshalb fürs Präsidium kandidieren".

67 Spahn-Wähler wechseln zu AKK

Im ersten Wahlgang hatte Kramp-Karrenbauer es noch nicht geschafft: 450 Stimmen waren auf sie entfallen, Merz hatte 392 bekommen, Spahn 157. Anders als vielfach prognostiziert, liefen die Spahn-Wähler nicht einfach ins Merz-Lager über, sondern verteilten sich: 67 zu Kramp-Karrenbauer, 90 zu Merz. Das heißt: Knapp 43 Prozent der Spahn-Wähler gingen zu AKK. Ein Indiz, dass es zwar Flügel in der CDU gibt. Aber vielleicht auch ein Hinweis darauf, dass es übertrieben wäre, von einer Spaltung in zwei gleich große Lager zu sprechen.

Wer auf den Regionalkonferenzen mit CDU-Mitgliedern sprach, der traf nicht wenige, die zwischen Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz schwankten. Vielen Delegierten ging es ähnlich. Es gibt Lager in der CDU, auch wenn die Parteispitze das bestreitet. Aber nicht jeder, der für Merz oder Spahn gestimmt hat, gehört zum konservativen Lager; nicht jeder, der Kramp-Karrenbauer unterstützt, sieht sich als Mitglied des liberalen Teils der CDU.

Ein Grund, warum Kramp-Karrenbauer gewählt wurde, dürfte ihre sehr gute Rede gewesen sein. Es war sicherlich nicht die Rede ihres Lebens – auch bei einigen Regionalkonferenzen sind ihr Auftritte gelungen. Aber bei der Tour des Kandidatentrios hatte sie auch viele Momente, bei denen sie rhetorisch deutlich schwächer war als Merz oder Spahn.

Merz und Spahn bleiben unter ihren Möglichkeiten

Die wiederum erreichten heute nicht das rhetorische Niveau, zu dem sie eigentlich in der Lage sind. Merz' Rede war überraschend unambitioniert. Er sprach nicht frei und ließ dem Publikum in der ersten Hälfte seines Vortrags kaum Zeit für Beifall. Später wurde er souveräner und der Applaus für ihn stärker. Dennoch erinnerte sein Beitrag sehr an jene der Regionalkonferenzen.

Das gilt auch für Spahn. Wieder skizzierte er ein Deutschland des Jahres 2040, in dem er leben wolle. Wieder schloss er damit, dass auch 2040 noch die Volkspartei CDU regieren solle. In die Stille des Saales fügte er hinzu: "Da war Applaus vorgesehen." Für dieses Witzchen gab es nur ein bisschen Beifall. Wie schon bei den ersten Regionalkonferenzen war ihm seine Nervosität anzumerken. "Wir brauchen kein Weiter so, wir brauchen auch kein Zurück in die Vergangenheit, was wir brauchen, ist eine Idee für die Zukunft." Das klang nicht schlecht, riss die Delegierten aber nicht mit. Beide, Merz und Spahn, hielten bessere Reden, nachdem sie den CDU-Vorsitz bereits verloren hatten.

Merkel hatte in ihrer Abschiedsrede gesagt, sie wolle die Delegierten "einladen, ein wenig über das Motto nachzudenken". Es lautet "Zusammenführen. Und zusammen führen", Merkel hat es sich selbst ausgedacht. Die Delegierten haben sich für die Kandidatin entschieden, die von sich immer sagte, dass sie genau das machen will. Ob es ihr gelingt, hängt nun einerseits von Kramp-Karrenbauer ab. Sie muss es besser machen als Merkel, sie muss die Konservativen in und außerhalb der CDU ansprechen, sie muss wenigstens Teile ihrer Positionen zur offiziellen CDU-Politik machen. Es hängt aber auch von den Anhängern der unterlegenen Bewerber ab. Sind sie bereit, AKK eine Chance zu geben? Erst wenn diese Frage beantwortet ist, wird klar sein, welches Signal von dieser Wahl ausgeht – eines der Spaltung. Oder das der Rockband, die gemeinsam auf Tour ist.

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