Politik

AKK besucht Lobbyvertreter: Nicht nur die Politik erwartet viel

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Annegret Kramp-Karrenbauer bei einer kleinen Autoschau.

Von Benjamin Konietzny, Hamburg


Nach der Party in den Arbeitsmodus: Am Morgen nach ihrer Wahl trifft CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer Vertreter von Lobbyverbänden und Unternehmen. Auch sie haben große Erwartungen an sie.

"Herzlichen Glückwunsch, Frau Kramp-Karrenbauer", sagt der Roboter. Die neue CDU-Parteichefin gibt sich Mühe, einen erstaunten Eindruck zu machen. "Oh, Danke." Dann bewegt sich ein Arm der etwa einen Meter großen Maschine mit mechanisch-zittrigen Bewegungen auf AKK zu. "Darf ich Ihnen die Hand schütteln?", fragt das Gerät. "Ja, gut", entgegnet sie zurückhaltend. Dann berühren sich die Roboter- und die Menschenfinger. Im Hintergrund steht der Vertreter des Unternehmens, der die Maschinen herstellt, und beobachtet die Szene zufrieden. Vorne entlädt sich ein Blitzlichtgewitter der Fotografen.

Am Tag nach ihrer Wahl besucht Annegret Kramp-Karrenbauer das Ausstellungsgelände neben dem Parteitag, auf dem zahlreiche Unternehmen und Verbände für ihre Interessen werben. Sie sieht müde aus. Wen wundert es? Sie hat sich nur um ein Haar gegen ihren Mitbewerber Friedrich Merz durchgesetzt. Am Rande der Delegiertenparty verhandelte sie noch mit ihrem Kandidaten für den Generalsekretärsposten Paul Ziemiak. Der Triumph bildet den neuen Höhepunkt einer beeindruckenden Polit-Karriere. AKK hat nicht den Ruf, eine Party-Politikerin zu sein. Diesen Sieg wird sie aber ganz sicher ausgiebig gefeiert haben.

Ab jetzt muss geliefert werden. Die politischen Erwartungen an die neue Parteichefin sind hoch. Von dem, was sich darüber hinaus Unternehmen, Konzerne, Verbände, Vereine von ihr erhoffen, kann sie sich bei ihrem Rundgang einen Eindruck machen. AKK eilt mit ihrer Entourage aus Mitarbeitern, Personenschützern und mehreren Dutzend Journalisten an den Messeständen vorbei. "Glückwunsch", "Toll", "Ja, Danke". Mit besorgtem Blick erklärt ihr hingegen der Vertreter der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft die schwierige Finanzsituation des Verbands. "Wenn Sie uns dabei unterstützen könnten, …"

Die Vertreter des Deutschen Baugewerbes haben ein kleines Mosaik mit den Buchstaben "CDU" in Zement gelegt und einen Stern aus Holz hergestellt, den sie AKK überreichen. "Schön!" Viel Zeit für Gespräche bleibt nicht. "Danke", "Tschüss, alles Gute." Ein Vertreter des Pharmakonzerns Pfizer erklärt ihr
anschließend ein Computerprogramm für chronisch Kranke. Es soll den Patienten offenbar Hilfe zur Selbsthilfe geben und dafür hat der Konzern nach Bekunden des Lobbyisten "alle Kompetenzen gebündelt". "Spannend", sagt AKK.

Stippvisiten bei VW und Audi

Dann besucht die neue Parteichefin noch die Stände von Volkswagen und Audi. "Wir haben uns sehr gefreut", sagt der Vertreter des VW-Konzerns. "Ja, ich mich auch", entgegnet sie. Was soll sie auch sagen? Nicht wenige Unternehmen hätten sich vermutlich mehr über den extrem wirtschaftsfreundlichen Friedrich Merz gefreut als über sie. Das weiß sie, das wissen ihre Gegenüber. Mit einer einladenden Geste führt der VW-Vertreter sie herüber zu dem Prototypen eines neuen Pkw.

Automatisch öffnen die Türen des Wagens und geben den Blick frei auf das Innere der Design-Studie mit einem flokatiartigen Bodenbelag. Die Politikerin blickt erstaunt und betrachtet dann mit den Konzernvertretern das Fahrzeug. Worüber sie sich dabei unterhalten, ist nicht zu verstehen. Doch es werden abwechselnd besorgte und verständnisvolle Blicke ausgetauscht. Dann muss AKK weiter. "Ist schon einer vorbestellt", scherzt sie. Die VW-Leute lächeln. Auch bei Audi wird zunächst gelächelt, dann Köpfe im Gespräch zur Seite geneigt. Sorge, Verständnis, Lächeln, Tschüss.

Sachlich, ohne ausladende Gesten

Die Erwartungen an AKK sind hoch: Sie soll der CDU wieder Geschlossenheit bringen und vor allem Wahlerfolge. Das hat sie im Saarland geschafft, das muss jetzt auch woanders klappen, lautet die Hoffnung. Darüber hinaus war die CDU immer eine Partei, die Wirtschaft und Industrie zur Seite stand. Diesel-Skandal und Fahrverbote machen der milliardenschweren Autoindustrie große Sorgen. Die von Kanzlerin Angela Merkel eingeleitete Energiewende strapaziert die Energiekonzerne in Deutschland. Um zwei Beispiele zu nennen. Die volkswirtschaftliche Lage in Deutschland ist gut, in manchen Branchen gibt es dennoch Verunsicherung.

Einen Vorgeschmack darauf, was sie erwartet, bekommt Kramp-Karrenbauer an diesem Morgen. Sie absolviert das Programm ähnlich wie es ihre Vorgängerin getan hätte: sachlich, ohne ausladende Gesten und Versprechungen.

Benjamin Konietzny ist Politik-Reporter bei n-tv.de.

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