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Wofür gibt es Jahre?

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„Jeder Tag bleibt gleich lang, aber nicht gleich breit“ – meint Udo Lindenberg. In der Geschichte der Menschheit gibt es verschiedenste Kalender.

Am Ende des Jahres bleibt von jedem Abreißkalender nur ein Haufen von Zetteln.

Zum Jahreswechsel dreht sich wieder alles um den Kalender. Aber warum eigentlich? Wofür gibt es „Jahre“? Und was „machen“ sie mit mir? Ein Kalender ist zunächst ein Ordnungssystem der Zeit. Dessen zentrale Einheit, das Jahr, wird in Teileinheiten zerlegt, deren wichtigste wiederum der Tag mit Tag und Nacht ist. Dieses System koordiniert die unterschiedlichen Aktivitäten einer Gesellschaft – seien sie wirtschaftlicher, religiöser oder sozialer Art.

Religions- und kulturgeschichtlich gibt es in der Menschheitsgeschichte die verschiedensten Kalender. So gab es im chinesischen Kaiserreich einen sogenannten Bauernkalender, der sich nach Mond und Sonne ausrichtete. Er war bis zur Ausrufung der Republik China in Kraft und wurde 1912 durch den (christlichen) Gregorianischen Kalender ersetzt. Bis heute orientieren sich Astrologen am „Chinesischen Kalender“, um „günstige“ und „ungünstige“ Tage zu bestimmen. In einem Zwölf-Jahres-Zyklus werden die zwölf „Erdzweige“, ein altes chinesisches Nummerierungssystem, als Tierzeichen zur Bezeichnung der Jahre verwendet. So gibt es das chinesische Jahr der Ratte, des Hasen, der Schlange oder des Schweins.

Manche Jahre beginnen im Frühling, andere im Herbst

Manche Kulturen begannen das Jahr mit dem Erscheinen der Plejaden, also im Frühling. Das jüdische Jahr beginnt im Herbst mit dem Tischri – nach traditioneller Auffassung der Monat, in dem die Menschheit erschaffen wurde. In biblischer Zeit begann das jüdische Jahr im Frühjahr – mit dem Nisan, dem Monat der Erlösung beim Auszug aus Ägypten. Die jüdischen Monatsnamen sind chaldäisch und stammen aus dem babylonischen Exil. Der jüdische Kalender ist an den Mondphasen ausgerichtet. Er zählt die Jahre ab dem Zeitpunkt der biblischen Schöpfung der Welt, die im 4. christlichen Jahrhundert der Patriarch Hillel Nasia auf das Jahr 3761 vor Christus berechnete. Dadurch schreiben wir nach jüdischer Rechnung derzeit Anfang 5777.

Aus den fünf übrigen Tagen wurde ein Kurzmonat

Im Mittelmeerraum gibt es kaum Kalender, die – wie bei den Azteken Mexikos und den Zoroastriern in Persien und Indien – nur die Sonne und nicht auch die Mondphasen berücksichtigen. Erstmals ist ein solcher für spätestens Mitte des zweiten Jahrtausends in Ägypten überliefert. Am Nil teilte man das Sonnenjahr in zwölfmal 30 Tage und hängte die restlichen fünf Tage als Kurzmonat hintan. Die christlichen Äthiopier rechnen bis heute so.

Im Alten Rom wurde „ab urbe condita“, also von der legendären Gründung der Stadt im Jahr 753 vor Christus, gerechnet. Der Julianische Kalender, eingeführt unter Julius Cäsar 45 vor Christus, ist ein Vertreter der Mondkalender und bildet die Grundlage der heute weltweit meistverbreiteten Zeitberechnung. In Teilen der orthodoxen Kirchen, etwa in Russland, wird er bis heute verwendet. Auch die Benennung unserer zwölf Monate gehen auf die römischen „Ianuarius“ bis „December“ zurück. Das Christentum als zunächst verfolgte und später Staatsreligion übernahm den römischen Kalender.

Die letzte Kalenderreform war 1582

Die sogenannte christliche Zeitrechnung, die die Geburt Jesu als Zeitenwende nimmt, wurde von dem gelehrten Mönch Dionysius Exiguus seit 525 propagiert, womöglich in Rückgriff auf den christlichen Historiker Eusebius von Caesarea (260/64-339/340). Sie setzte sich seit dem 8. Jahrhundert in ganz Europa und später weltweit durch. Die seitdem letzte wichtige Kalenderreform war die von Papst Gregor XIII. 1582. Sie glich (durch die Streichung von zehn Tagen) die Ungenauigkeiten der julianischen Rechnung aus. Vom weltlichen Jahreslauf, der von Neujahr bis Silvester geht, unterscheidet sich noch das sogenannte Kirchenjahr. Es reicht vom Ersten Advent bis zum Hochfest Christkönig Ende November und hat als Ankerpunkte nicht Mond, Sonne oder andere klassische Einteilungen, sondern orientiert sich an den zentralen christlichen Festen wie Weihnachten, Ostern, Pfingsten. Religiös, agrarisch, fiskalisch oder sonstwie administrativ: Kalender dienen dazu, Ordnung in das menschliche Leben zu bringen. Damit verbindet sich in allen Kulturen ein reiches Brauchtum – mit Ritualen, die dem Menschen dienen können, sich zurechtzufinden. (KNA)

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