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Interview mit Sigmar Gabriel: “Ukraine wollte uns in einen Krieg ziehen”

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30.11.18
– 03:59 min


Zwischen Russland und der Ukraine spitzt sich der Konflikt erneut zu. Ex-Außenminister Gabriel begrüßt die Vermittlungsbemühungen von Kanzlerin Merkel. Ihre Macht aber hat Grenzen sagt er. Deutschland müsse künftig im Sicherheitsrat aktiv werden.

n-tv: Herr Gabriel, wenn Sie dieser Tage auf die Krim schauen, wie groß ist Ihre Sorge?

Sigmar Gabriel: Sehr groß. Und ich finde, dass wir uns auf gar keinen Fall durch die Ukraine in einen Krieg hineinziehen lassen dürfen. Das hat die Ukraine versucht. Trotzdem ist es natürlich auch so, dass das, was die russische Regierung dort getan hat, mit dem Völkerrecht nicht in Einklang steht. Insofern finde ich es richtig, dass die deutsche Kanzlerin sich bemühen wird, die Seiten wieder zu einem normalen Verhältnis zu bewegen. Das wird schwer genug.

Der ukrainische Präsident Poroschenko hat Kanzlerin Merkel gebeten zu vermitteln. Auch der amerikanische Präsident hat diese Möglichkeit ins Spiel gebracht. Was kann sie wirklich erreichen?

Wir haben ein gutes Beispiel in der Vergangenheit, als schon einmal der Krieg zu eskalieren drohte in der Ost-Ukraine. Da waren es Angela Merkel und der französische Präsident François Hollande, die diese Eskalation verhindert haben. Also es ist schon möglich. Aber sie hat keine Druckmittel, keine harten Instrumente. Sie kann nur auf die Vernunft aller Beteiligten setzen. Das tut sie. Und reden ist derzeit das Wichtigste, was wir tun müssen.

In der Vergangenheit hieß es immer wieder, die Sanktionen müssten gelockert werden, auch um ein positives Signal nach Moskau zu senden. In den vergangenen Tagen hört man indes, dass man die Sanktionen wieder anziehen soll. Ist das überhaupt ein sinnvoller Schritt, wenn man den russischen Präsidenten Wladimir Putin kennt?

Jedenfalls ist eines klar: Die Konfrontation, die in den letzten Jahren immer wieder existiert hat, hilft uns nicht weiter. Mein Vorschlag war immer: Lasst uns eine Blauhelm-Mission in der Ost-Ukraine machen. Die muss robust – so heißt das Wort – sein, also bewaffnet und dafür sorgen, dass da endlich ein Waffenstillstand kommt, dass die schweren Waffen rausgezogen werden. Und dann kann man beginnen, Sanktionen abzubauen. Ohne den Waffenstillstand, ohne den Rückzug schwerer Waffen geht das nicht. Beide Seiten tragen dafür Verantwortung. Es ist nicht so, dass nur eine Seite Schuld ist.

Nach langen Gesprächen hat der russische Präsident einer solchen Idee einer Blauhelm-Mission zugestimmt. Aber die Bedingungen dafür sind sehr unterscheidlich. Wenn wir jetzt Mitglied im UN-Sicherheitsrat werden, dann muss Deutschland alles dafür tun, diese Blauhelm-Mission in der Ost-Ukraine in Gang zu setzen. Das ist es, was wir dringend brauchen: Schritte zu einer Abnahme der Gewalt. Und nicht, dass es immer weiter eskaliert.

Ein Blick auf Washington: Die Beziehung zwischen Deutschland und den USA ist derzeit nicht die beste. Trotzdem ist es jetzt der amerikanische Präsident, der sagt, Deutschland soll vermitteln. Warum macht Trump das?

Die Beziehungen der amerikanischen Regierung sind nicht nur zu uns schwierig, sondern wahrscheinlich zum Rest der Welt. Es ist ein gutes Zeichen, dass er Deutschland ins Gespräch bringt. Es hat aber auch etwas damit zu tun, dass er selbst in den Konflikt nicht verwickelt sein will. Ich habe gut in Erinnerung, wie mir einmal sein damaliger Außenminister gesagt hat: "Die Ukraine, das ist eure Sache." Das war früher nicht so. Unter Obama bestand zumindest das Interesse daran, auch Teil der Lösung zu sein. Russland erwartet das auch. Hier scheint es eher so zu sein, dass die Amerikaner es etwas von sich wegschieben wollen. Das geht aber nicht, dass der eine dem anderen die Verantwortung zuschiebt. Der Westen, wie die Europäer und die Amerikaner, muss mit den Russen reden, damit die Eskalation ein Ende hat.

Die Fragen stellte Heike Boese.

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