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Wo sind Marienkäfer, Bienen und Libellen im Winter?

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Bei Eiseskälte schwirren keine Insekten mehr durch Stadt oder Land. Sterben die Sechsbeiner oder wie überstehen sie den Winter?

Draußen zuhause. Kälte stört Insekten kaum, auch nicht den Ameisen-Siebenpunkt-Marienkäfer.

Obwohl wir jetzt kaum noch Insekten sehen, schlummern überall um uns herum Tausende der Tiere gut versteckt in Baumrinden, Mauernischen und unter der Erde. Für sie ist der Winter eine Zeit der Ruhe. Der Stoffwechsel der Tiere passt sich der Umgebungstemperatur an. „Die allermeisten Insekten verfallen in eine Kältestarre und überstehen so den Winter“, sagt Julian Heiermann, Zoologe und Insektenexperte beim Naturschutzbund Nabu.

Damit die Tiere in diesem Zustand nicht erfrieren, produzieren einige Arten ihr eigenes Frostschutzmittel, etwa den Zuckeralkohol Glycerin. So wie eine Flasche Wodka im Gefrierschrank nicht kaputtgeht, schützt der Zusatz die Insektenzellen vor dem Platzen. Für die Kältestarre müssen sich Insekten, anders als Säugetiere, keine Fettreserven anfressen, „der Stoffwechsel wird quasi auf null heruntergefahren“, sagt Heiermann.

Das hat aber auch Nachteile: Wachen die Insekten in einer milderen Phase im Winter zwischendurch auf und begeben sich vergeblich auf Nahrungssuche, ist die wenige Energie schnell verbraucht und die Tiere sterben. Auch wer mitten auf der Wiese in die Kältestarre verfällt, wird in der Regel schnell gefressen. Die Devise heißt: rechtzeitiger Rückzug. Dafür haben die Arten verschiedene Strategien.

Käfer und Fliegen

„Marienkäfer fliegen genau wie Florfliegen im Winter gezielt Gebäude an und suchen sich dort Nischen, etwa in der Fensterlaibung, auf Dachböden oder in Kellern“, sagt Heiermann. Landen sie jedoch in der warmen Wohnung, bleiben sie aktiv und brauchen ihre Energiereserven schnell auf. Setzt man sie hingegen ins Freie, fallen sie meist innerhalb von Minuten in die Kältestarre und können überleben. Im Garten buddeln sich Marienkäfer und Florfliegen in Laub- oder Reisighaufen ein. Laufkäfer überwintern als Larve oder Käfer im Boden.

Libellen

Sie überstehen den Winter als Ei oder Larven. Die erwachsenen Tiere sterben im Herbst, nachdem sie ihre Eier in faulendes Pflanzenmaterial am Ufer gelegt haben. Wenn die Larven im Frühjahr schlüpfen, überwintern sie nochmals, bis sie im dritten Jahr zur erwachsenen Libelle werden. Die Larve des Vierflecks, einer Libellenart, überwintert im Sediment des Teichgrunds und klettert im Frühjahr an einem Pflanzenstängel empor, um zu schlüpfen.

Schmetterlinge

Den Distelfalter zieht es im Winter in den Süden, weil er tiefe Temperaturen nicht übersteht. Das gilt auch für andere Wanderfalter wie das Taubenschwänzchen oder den Windenschwärmer. „Die meisten Schmetterlinge aber bleiben auch bei Minusgraden in Deutschland und überwintern entweder als Ei, Raupe oder Puppe“, sagt Heiermann. Der Zitronenfalter hält dank seines Frostschutzes aus Glycerin, Sorbit und verschiedenen Proteinen sogar Temperaturen bis minus 20 Grad Celsius aus und überlebt auch ungeschützt an Efeublättern oder Brombeeren. Und Frostspanner werden bei Kälte gar erst aktiv. Dann nämlich haben sie von Fressfeinden wie Fledermäusen und Zugvögeln nichts zu befürchten.

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1 von 7Foto: Nicole Ottawa/Oliver Meckes23.11.2018 18:03Als Raupe ist der Hauhechel-Bläuling noch tarnfarben: grün und schert sich angesichts fehlender Komplexaugen wenig um Sonnenlicht….Zurück

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Bienen

Die meisten der etwa 550 Wildbienenarten in Deutschland sind Solitärbienen, auch genannt Einsiedlerbienen. Sie leben ohne einen Staat und überwintern als Biene oder in ihrem Kokon, etwa in Pflanzenstängeln, hohlen Ästen oder auch im Boden. Ganz anders die Honigbienen: Sie zittern sich in ihrem Stock durch den Winter, die Königin in der Mitte. Sie muss überleben, um das Bienenvolk zu erhalten. Die Muskelbewegung beim Zittern produziert Wärme, verbraucht aber auch Energie.

Hummeln und Wespen

Bei Hummeln und Wespen überwintern nur die Königinnen, die im Herbst neu geschlüpft sind. Wespen suchen sich Baumhöhlen oder einen Dachstuhl, Hummeln verbringen den Winter in Totholz, Laub oder im Boden, etwa in Mäusenestern. „Sie können auch bei niedrigeren Temperaturen fliegen, ihre Härchen schützen sie vor Kälte“, sagt Heiermann. Deshalb sind Hummeln schon früh im Jahr wieder aktiv.

Wie kann man den Insekten helfen?

Stadtbewohner können Insekten-Niststeine oder Boxen auf den Balkon stellen, in denen Schmetterlinge überwintern können, allerdings am besten schon im Spätsommer. Frühblüher wie Krokus oder Märzenbecher, die vor dem ersten Frost gesetzt werden, bieten Insekten nach dem Winter erste Nahrung.

Außerdem rät Heiermann: „Im Garten ruhig das Laub zwischen Büschen oder auf Beeten liegen lassen, es schützt viele Insektenarten und versorgt den Boden mit Nährstoffen.“ Zusätzlich könne man Altholz, Stauden und Pflanzenstängel stehen lassen, in diese Hohlräume zwängen sich Käfer, Hummeln und Wildbienen. Ohnehin helfe übertriebene Reinlichkeit im Garten Insekten eher nicht, sagt Heiermann: „Das beste Insektenhotel bringt nichts, wenn der Rest des Gartens steril ist.“

Die gezeigten Insekten-Bilder stammen aus dem Buch „Wandlungskünstler. Die geheime Erfolgsgeschichte der Insekten“, Dölling und Galitz Verlag, Hamburg, 2018, 120 Seiten, 24,90 Euro.

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