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Wirtschaftsziele in Gefahr: Kaum Applaus im Ausland für Macron

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11.12.18
– 01:09 min


Nach wochenlangen teils gewaltsamen Protesten zieht Frankreichs Präsident Macron die Reißleine und mach Zugeständnisse. Die aber kosten Milliarden und gefährden die Stabilitätsziele. Unmut regt sich vor allem in Rom.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron droht mit Konzessionen gegenüber den "Gelbwesten" gegen die EU-Schuldengrenzen zu verstoßen. In Europa löste das französische Staatsoberhaupt damit Sorgen aus, nach Italien könne ein weiteres Schwergewicht in der EU gegen die Stabilitätsregeln verstoßen. Die Zeitung "Le Figaro" spekulierte, die Neuverschuldung könne 2019 bei 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen. Zulässig sind drei Prozent. Diese Aussichten verunsicherten die Anleihemärkte. Der Risikoaufschlag für die zehnjährigen französischen Titel auf ihr deutsches Pendant erreichte das höchste Niveau seit anderthalb Jahren.

Macron hatte in einer Rede an die Nation sozialpolitische Maßnahmen angekündigt, aber auch erklärt, an seiner Reformagenda festhalten zu wollen. Auf den Staatshaushalt kommen damit nach Angaben französischer Minister Mehrausgaben in Höhe von acht bis zehn Milliarden Euro zu. Dazu kommt auch der Verzicht auf vier Milliarden Euro aus der Ökosteuer, die Macron bereits gekippt hatte.

Der bisherige Haushaltsentwurf für 2019 sieht eine Neuverschuldung in Höhe von 2,8 Prozent vor. Er basiert auf der Annahme, dass die Wirtschaft um 1,7 Prozent wachsen wird. Diese Prognose erscheint nach den vor vier Wochen ausgebrochenen Protesten nun zweifelhaft. "Unter dem Strich ist es wahrscheinlich, dass sich die Neuverschuldung über der Drei-Prozent-Grenze bewegen wird", erklärte der Ökonom Michel Martinez von der Societe General. Ein Sprecher der EU-Kommission erklärte, die Behörde werde den französischen Haushalt erst im Frühjahr erneut prüfen.

Rom dringt auf Gleichbehandlung

Falls Frankreich EU-Defizit-Kriterien nicht mehr einhalten sollte, könnte dies die Bemühungen der EU-Kommission erheblich erschweren, Italien zu einem EU-konformen Haushalt anzuhalten. Jede Nachsichtigkeit gegenüber Frankreich würde die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen der EU-Kommission und der Regierung in Rom weiter belasten. "Es gibt ein sehr starkes Interesse daran, Italien genauso zu behandeln wie Frankreich", sagte ein EU-Vertreter.

Italien forderte prompt mehr Entgegenkommen im Haushaltsstreit. Die EU müsse ihre "kurzsichtige" fiskalpolitische Härte überwinden, sagte Ministerpräsident Giuseppe Conte vor einem Treffen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Und der stellvertretende Regierungschef Luigi di Maio sagte: "Falls die Defizit-Regeln für Italien gelten, erwarte ich auch, dass sie für Macron gültig sind." Die EU-Kommission hat den ursprünglichen Haushaltsentwurf der populistischen Regierung in Rom zurückgewiesen und Korrekturen verlangt.

In Deutschland überwogen negative Reaktionen auf die Ankündigungen Macrons. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warnte vor negativen Auswirkungen auf Europa. Alle EU-Staaten seien aufgefordert, den Stabilitätspakt und die Schuldenregeln einzuhalten. Der Außenhandelsverband BGA fürchtet Bremseffekte für die geplanten Reformen in der Europäischen Union. Wie andere Kritiker sieht auch das Münchner Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung in den angekündigten Maßnahmen keine Lösung zum Abbau sozialer Spannungen. Das DIW sprach von einem Schnellschuss, "der wirtschaftlich nur begrenzt sinnvoll ist und die Unzufriedenheit im Land kaum lindern wird".

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