Gesundheit

Sprache verrät Depression: “Depressive sprechen anders”

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Frau mit Depression: Menschen mit einer Depression können mutlos und traurig sein. Das spiegelt sich in ihren Formulierungen wider. (Quelle: Kerkez/Getty Images)

Depressionen wirken sich nicht nur auf das Verhalten der Erkrankten aus. Auch die Sprache gibt wertvolle Hinweise auf die Erkrankung, wie eine Studie zeigt. So wählen Depressive häufiger Begriffe, die negative Gefühle ausdrücken. Wann man besonders aufmerksam hinhören sollte.

Überblick

Studienautor Mohammed Al-Mosaiwi von der University of Reading in Großbritannien und sein Team untersuchten mithilfe einer Computeranalyse die sprachlichen Unterschiede zwischen Menschen mit einer Depression und ohne. Insgesamt werteten die Forscher die Beiträge von mehr als 6.000 Nutzern in über 60 Onlineforen aus. Das Ergebnis: Depressive Menschen verwenden häufiger Worte, mit denen sich negative Gefühle ausdrücken lassen.

Diese Wörter können auf eine Depression hindeuten

Häufig werden Adjektive wie “einsam”, “traurig” oder “miserabel” gebraucht. Auch absolutistische Wörter wie “immer”, “nie” und “total” sind oft zu finden. Außerdem verwenden Depressive deutlich häufiger Pronomen in der ersten Person Singular, also “ich”, “mein”, “mir” und “mich”. Den Wissenschaftlern zufolge liegt das daran, dass depressive Personen stark auf sich selbst fokussiert sind. Zudem fehlt ihnen häufig der Kontakt zur Außenwelt.

Dass eine Sprachanalyse dabei helfen kann, Depressionen zu erkennen, davon ist auch Armin Rösl überzeugt. Der Sprecher der Deutschen Depressionsliga e.V. (DDL) erkrankte 2010 selbst an einer Depression – und erkennt sich rückblickend in den Forschungsergebnissen wieder: “Es liegt am Krankheitsbild der Depression, dass Betroffene mutlos und traurig sind. Das spiegelt sich in negativen Formulierungen wider. Bei Verdacht auf eine Depression lohnt es sich, genauer hinzuhören.”

Depression: Bei diesen Sätzen sofort reagieren

Neben der Verwendung negativer Begriffe artikulieren Depressive zudem plötzlich Dinge, die sie vorher so noch nie oder nur selten gesagt haben. Und das nicht nur ein- oder zweimal, sondern immer wieder. “Es läuft sozusagen stets die gleiche Schallplatte”, so Rösl. Sätze wie “Ich mag nicht mehr”, “Ich habe keine Ahnung, was mit mir los ist”, “Ich bin sehr müde” oder “Ich bin nichts wert” seien für die Erkrankung typisch.

Sehr ernst genommen werden müssen immer Suizidgedanken. “Äußert das Gegenüber Sätze wie ‘Ich bringe mich um’, ‘Ich bin nichts mehr wert’ oder ‘Ich mag nicht mehr’, benötigt der Betroffene dringend Hilfe und darf nicht alleingelassen werden”, betont Rösl.

Depressive haben oft keine Kraft für Kommunikation

Häufig verschließen sich Depressive gegenüber Kommunikation komplett. Laut Rösl ziehen sich die Betroffenen zurück, weil für sie jede Konversation mit großer Anstrengung verbunden ist. Sie möchten allein sein. “Betroffenen fällt es schwer, Kraft für überhaupt irgendetwas zu finden. Auch zum Sprechen. Insofern liegt die Studie schon richtig damit, dass Depressive eine andere Sprache benutzen”, so Rösl.

Auffällig sei insbesondere, dass Betroffene anders sprechen als vor ihrer Erkrankung. Nicht nur viel Negatives, sondern mitunter auch Wirres, nicht Nachvollziehbares. Beispielsweise hätten viele Betroffene plötzlich Existenzangst und würden formulieren, dass sie einen finanziellen Ruin befürchten – obwohl es hierfür überhaupt keine Anzeichen gebe.

Verdacht auf Depression: Betroffene ansprechen und ernst nehmen

Doch wie geht man mit dem Verdacht Depression um? Rösl weiß aus Erfahrung, wie wertvoll Gespräche sein können. Allerdings dürfe man den Kranken nicht überfordern. Ein guter Gesprächseinstieg sei beispielsweise: “Du, ich habe in den letzten Tagen beobachtet, dass du dich verändert hast. Versuche doch mal, deine aktuellen Gefühle zu beschreiben. Ich möchte versuchen, sie zu verstehen und nachzuvollziehen.”

Am besten sei ein solches Gespräch außerhalb des alltäglichen Ablaufes, etwa bei einem Spaziergang. “Der Betroffene muss aus seinem Schneckenhaus rauskommen, auch wenn er oder sie das eigentlich nicht möchte. Trotzdem: Unter den Arm nehmen und mitnehmen. Betroffene sollten immer das Gefühl haben, dass sie nicht allein gelassen sind. Dass ihnen Aufmerksamkeit geschenkt wird.”

Körperpflege fällt Depressiven oft schwer

Ein weiteres Anzeichen für eine Depression kann fehlende Körperpflege sein. “Das war auch bei mir in meiner schweren depressiven Phase der Fall: Ich hatte weder Lust noch Kraft, mich täglich zu rasieren, zu waschen, neue Kleidung anzuziehen. Außerdem habe ich versucht, Gesellschaft zu vermeiden. Betroffene wollen sich verstecken. Meistens im Bett, sie wollen nicht mehr aufstehen. Weil sie dazu auch nicht die Kraft haben, da sie nachts oft wach liegen und grübeln”, sagt Rösl.
 

 
Verbessert sich der Zustand des Betroffenen nach drei bis vier Wochen nicht, ist ein Gespräch mit einem Therapeuten oder Arzt ratsam.

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