Politik

SPDler wollen Gewissensentscheid: Paragraf 219a droht Koalition zu spalten

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Nahles unter Druck

Von Sebastian Huld


SPD-Abgeordnete fordern von Parteichefin Nahles, in der Großen Koalition eine Abschaffung des Abtreibungswerbeverbots durchzusetzen. Die neue CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer beharrt auf den Status quo. Der Konflikt könnte noch diese Woche eskalieren.

Der Streit um eine mögliche Aufhebung des Verbots von Werbung für Schwangerschaftsabbrüche belastet die große Koalition aus Unionsparteien und SPD. Am Abend schlug sich auch der frühere SPD-Chef Martin Schulz auf die Seite jener SPD-Abgeordneten, die eine vom üblichen Fraktionszwang losgelöste Gewissensentscheidung im Bundestag fordern. Dann könnte die SPD zusammen mit Grünen, FDP und Linke gegen den Koalitionspartner aus CDU und CSU stimmen.

"Ich glaube, dass das ein wichtiges Projekt in der kommenden Woche wird", sagte Schulz bei "Anne Will". Abtreibungen seien unter bestimmten Umständen legal. "Warum soll ein Arzt nicht sagen dürfen: "Ich mache das"?", fragte Schulz. "Da ist der klassische Fall der Gewissensentscheidung gegeben. Dann muss man eine solche Abstimmung freigeben", forderte Schulz. Er nannte dabei das Beispiel der Entscheidung über die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Ehen. Damals hatte Bundeskanzlerin Merkel entgegen ihrer eigenen Überzeugung eine Gewissensentscheidung zugelassen, sodass auch mit den Stimmen von Unionsabgeordneten eine Mehrheit für die Gleichstellung stimmte.

Die neue CDU-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer wollte sich bei ihrem ersten Talkshow-Auftritt seit ihrer Wahl nicht festlegen, wie es in dem Streit weitergehen könnte. "Es ist jetzt vereinbart, dass in dieser Woche auch in der Bundesregierung eine Idee entwickelt werden soll, wie man eine gemeinsam zu tragende Formulierung finden kann. Ich kenne diese Formulierung noch nicht", sagte Kramp-Karrenbauer. Sie habe früher am Tag mit SPD-Chefin Andrea Nahles über diese Frage gesprochen. Über mögliche Vereinbarungen mit Nahles wollte sie aber nichts sagen.

Drohung aus der SPD-Fraktion

Kramp-Karrenbauer selbst will nicht an dem Verbot rütteln: "Ich habe dazu mein Position während der letzten Wochen sehr deutlich gemacht", sagte die am Freitag zur CDU-Chefin gewählte Kramp-Karrenbauer bei "Anne Will". "Ich habe gesagt, das Werbeverbot darf und soll nicht aufgehoben werden." Zugleich ließ sich "AKK" eine Hintertür offen: Noch liefen im Hintergrund Gespräche zum Thema.

Während Kramp-Karrrenbauer wohl kaum im Ringen mit der SPD mit einer Niederlage in ihr Amt starten will, hat auch SPD-Chefin Nahles wenig Spielraum: Der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Post drohte in der "Bild am Sonntag": "Wenn Andrea Nahles nicht bis Dienstag eine Einigung mit der Union erreicht, die eine Änderung des Paragrafen 219a, eine Rechtssicherheit für Ärzte und freie Information für Frauen beinhaltet, werde ich mit einigen Kollegen in der Fraktionssitzung eine Gewissensentscheidung beantragen."

Am Mittwochabend tagt erstmals mit Kramp-Karrenbauer als Parteichefin auch der Koalitionsausschuss bei Kanzlerin Angela Merkel. Dort könnte eine Einigung in dem Punkt gefunden werden. Nahles hatte kürzlich eine Lösung vor Weihnachten angekündigt.

Der SPD-Abgeordnete Post nannte es einen "strategischen Fehler", dass Nahles im März mit Rücksicht auf die Union einen Antrag zur Änderung des Paragrafen 219a zurückgezogen hatte und seither in der Bundesregierung ergebnislos über einen Kompromiss verhandelt wird.

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