Wissen und Technik

Robert Kochs Wirkungsstätte wird saniert

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Für die Hertie School wird ein Ort der Berliner Wissenschaftsgeschichte saniert. Das Robert-Koch-Forum soll auch Schaufenster der Wissenschaftsstadt werden.

Regierungsbank. Auf einem Notsitz nimmt Michael Müller im historischen Hörsaal des Robert-Koch-Forums in Berlin-Mitte Platz.

Die Klappsitze im historischen Hörsaal des Robert-Koch-Forums sind ungepolstert, aber bequem, die Schiebetafeln vorne frisch geputzt. Auf den ersten Blick wirkt es so, als könnte die Hertie School of Governance hier ab Montag ihre Vorlesungen abhalten – fast 150 Jahre, nachdem das Haus für naturwissenschaftliche und medizinische Institute der Berliner Universität entstand. Die private Regierungshochschule wird wie berichtet Hauptmieterin im Gebäudekomplex zwischen Wilhelm-, Dorotheen- und Bunsenstraße – mitten im Regierungsviertel.

Doch bis die gut 600 Studierenden und 34 Professorinnen und Professoren der Hertie School aus ihren jetzigen Gebäuden an der Friedrichstraße umziehen können, vergehen noch mindestens dreieinhalb Jahre. Bis Sommer 2022 soll das Robert-Koch-Forum aus Landesmitteln für 42,5 Millionen Euro saniert werden. Denn der Hörsaal und etwa die alte Bibliothek sind technisch größtenteils auf dem Stand der DDR-Zeit, ebenso wie der Brandschutz. Als Michael Müller (SPD), der Regierende Bürgermeister und Wissenschaftssenator, am Freitag am Schaltpult vor der Hörsaaltafel neugierig auf einen Knopf drückt, passiert – nichts.

Robert Koch stellte hier Erkenntnisse zur Tuberkulose vor

Aber der Funke sei bei ihm gleich übergesprungen, als er die altehrwürdigen Räume zum ersten Mal besichtigte, sagt Müller bei der Präsentation der Sanierungspläne: „Das muss wieder ein Haus der Wissenschaft werden.“ Errichtet wurde es zwischen 1873 und 1883 auf Initiative des Physikers Hermann von Helmholtz, seinen späteren Namen erhielt es von Robert Koch, der in der Bibliothek des Hygiene-Instituts 1882 seine Erkenntnisse zur Entstehung der Tuberkulose vorstellte. Zu den namhaften Forschern, die hier wirkten, gehört Emil Du Bois, Mitbegründer der experimentellen Physiologie.

Das Robert-Koch-Forum an der Dorotheenstraße in Berlin Mitte – ein erstes Bauschild hängt schon (ganz rechts im Bild).

Die große Berliner Universitätsgeschichte wäre für das Gebäude 2006 fast geendet, als die Charité es dem Liegenschaftsfonds zum Verkauf überließ. Verkauft wurde es 2009 an die Arcadia-Stiftung, die dort eine Privathochschule errichten wollte. Die Pläne zerschlugen sich, aber mit der Hertie School of Governance fand sich schnell eine neue Kaufinteressentin, wie ihr Präsident Henrik Enderlein am Freitag auf Nachfrage verriet.
Warum wird die Hertie School nun Mieterin? Das Land Berlin entschied sich, den Gebäudekomplex selber zurückzukaufen und die Kaufsumme – es soll sich um 15 Millionen Euro handeln – sowie die Sanierungskosten mit der Vermietung an die private Regierungshochschule „zum großen Teil zu refinanzieren“, erklärt Müller.

Künftiges Schaufenster der Berliner Wissenschaft

Das Robert-Koch-Forum passt heute gut zu den Berliner Ambitionen als Wissenschaftsstadt. Vor der Hertie School, die Enderlein in Zukunft auf Augenhöhe mit traditionsreichen Institutionen wie der Havard Kennedy School und der London School of Economics sieht, ist 2017 das Einstein Center Digital Future eingezogen. Größere Flächen sind außerdem für die Berlin University Alliance, das Dach der drei großen Berliner Universitäten, eingeplant.

Aus den historischen Wasserhähnen im Robert-Koch-Forum könnten Datenstränge für die digitale Technik der Hertie School kommen.

Die müssen allerdings erst noch im Juli ihre millionenschwere Förderung aus dem Bund-Länder-Programm des Exzellenzwettbewerbs gewinnen, bevor sie sich das Robert-Koch-Forum als Vernetzungsraum und öffentliches Schaufenster leisten können. Dafür sollen „Gemeinschaftsflächen“ mit der Hertie-School entstehen, um das politische und wissenschaftliche Berlin mit interessierten Bürgern ins Gespräch zu bringen.

Drehort für “Charité” und “Babylon Berlin”

Jetzt sind die Planer am Zug. Es gilt, ein Baudenkmal für eine moderne Hochschule nutzbar zu machen. Muss man die Klappsitze im Hörsaal komplett auseinandernehmen? Wie kommt die digitale Technik in den Lehrbetrieb? Erste Ideen gibt es: Datenstränge könnten aus historischen Labor-Wasserhähnen kommen und ein der DDR-Zeit umgebauter Hörsaal wird durch einen doppelstöckigen Glaskasten mit Seminarräumen ersetzt.

Für die Fernsehserien „Charité“ und „Babylon Berlin“ sind die alten Räume und Flure indes genau richtig – beide wurden und werden teilweise im unsanierten Robert-Koch-Forum gedreht.

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