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Acht Fragen zu 1001 Delegierten: Wer darf eigentlich den CDU-Chef wählen?

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Es wird schon gewerkelt in der Hamburger Messehalle – zwei Tage vor dem 31. CDU-Parteitag.

Beim Parteitag in Hamburg stimmen 1001 Delegierte über die Nachfolge von Angela Merkel als CDU-Vorsitzende ab. Ihr Stimmrecht ist ein Privileg. Wie sie gewählt werden und warum ein Delegierter aus Brüssel anreist klärt die wichtigsten Fragen.

Wie werden die Delegierten ausgewählt?

Delegierte werden in ihren Landes-, Kreis- oder Bezirksverbänden für zwei Jahre gewählt; ihre Kandidatur erfolgt entweder auf eigenen Vorschlag hin oder sie werden von anderen Mitgliedern nominiert. Bei Delegiertenversammlungen oder auf Parteitagen vertreten sie dann ihren Stimmkreis. Insofern funktionieren sie wie Bindeglieder zwischen Parteiführung und Basis – auch, weil es organisatorisch sehr aufwändig wäre, alle Mitglieder in Parteientscheidungen einzubinden. Ende des Jahres 2017 zählte die CDU in Deutschland immerhin noch knapp 426.000 Mitglieder. Nichtsdestotrotz ist zuletzt Kritik daran lautgeworden, dass es im aktuellen Fall keine Urwahl – also eine Wahl durch alle CDU-Mitglieder – gibt.

Wie kommt die Delegiertenzahl zustande?

Tim Peters fährt für den Auslandsveband Brüssel-Belgien zum CDU-Parteitag.

Das legt das CDU-Parteistatut fest. 1000 Delegierte stammen demnach aus ihrem jeweiligen Landesverband – und einer vertritt den derzeit einzigen Auslandsverband der CDU in Brüssel. 1996 gründete sich der Verband in der belgischen Hauptstadt, damit auch die Interessen jener Mitglieder vertreten werden, die dauerhaft dort leben und arbeiten – etwa im EU-Parlament. Derzeit gehören dem Verband 260 Mitglieder an. Vertreten werden sie von Tim Peters, einem Juristen aus Hamburg. Der "Bild"-Zeitung erklärte Peters, es werde vor dem Parteitag eine Mitgliederabstimmung geben. Er persönlich wünsche sich aber "einen Neustart für die CDU insbesondere in der Migrationspolitik". Sein Favorit: Jens Spahn.

Wie setzen sich die Delegierten zusammen?

Welches Bundesland wie viele Delegierte zum Parteitag schickt, hängt von der Zahl der Mitglieder eines Landesverbands ab und vom Ergebnis der letzten Bundestagswahl. Über die Verteilung von 80 Prozent der Delegierten entscheidet die Mitgliederzahl; über 20 Prozent das Wahlergebnis. Niedersachsen hat drei Landesverbände; Bayern als einziges CSU-Bundesland keinen einzigen. Daraus ergibt sich folgende Zusammensetzung:

  • Baden-Württemberg 154
  • Berlin 30
  • Brandenburg 17
  • Bremen 5
  • Hamburg 17
  • Hessen 88
  • Mecklenburg-Vorpommern 14
  • Niedersachsen 137
  • Nordrhein-Westfalen 296
  • Rheinland-Pfalz 89
  • Saarland 34
  • Sachsen 30
  • Sachsen-Anhalt 18
  • Schleswig-Holstein 47
  • Thüringen 24
  • Brüssel 1

Können die Delegierten frei entscheiden?

Grundsätzlich ja. Allerdings spielt die Linie des Landesverbandes, aus dem die Delegierten stammen, durchaus eine Rolle. Immerhin wird das Amt nur für zwei Jahre vergeben. Haben Delegierte bereits ein Mandat inne – sitzen sie zum Beispiel bereits im Land- oder Bundestag – können strategische Erwägungen wichtiger werden. Wer würde mit Blick auf mögliche Neuwahlen nicht auch den Kandidaten mit den besten Chancen aufs Kanzleramt wählen, wenn womöglich der Fortbestand des eigenen Mandats davon abhängt?

Wie hat sich die Parteiprominenz positioniert?

Geht es um den CDU-Vorsitz, wollen einige Granden der Partei offenbar eine Linie vorgeben. Jüngstes Beispiel ist Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, der sich offen für Friedrich Merz aussprach. Aber auch andere haben sich bereits klar geäußert: EU-Kommissar Günther Oettinger will ebenfalls Merz an der Parteispitze sehen. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther und Ex-Arbeitsminister Norbert Blüm plädierten für Annegret Kramp-Karrenbauer, ebenso wie Landeschef Tobias Hans aus dem Saarland und der frühere Ministerpräsident von Thüringen und Rheinland-Pfalz, Bernhard Vogel. Bernd Althusmann, CDU-Landesvorsitzender in Niedersachsen, kritisierte in der "Welt" zwar die Praxis, Präferenzen öffentlich zu machen. Gleichzeitig mahnte er, es brauche einen Vorsitzenden oder eine Vorsitzende, "die oder der die Partei nach innen zusammenhält und Brücken zu anderen Parteien bauen kann".

Werden die Delegierten bezahlt?

Nein. Die Delegierten erhalten für ihre Arbeit lediglich eine Aufwandsentschädigung.

Warum sind Umfragen mit Vorsicht zu genießen?

Mehrere Institute fragen seit einigen Wochen, welcher der drei Kandidaten am beliebtesten ist. Auch das RTL/n-tv Trendbarometer erfasst die Popularität von Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Merz und Jens Spahn. Demnach liegt AKK derzeit mit 45 Prozent vor Merz (32 Prozent) und Spahn (4 Prozent). Doch dieses Stimmungsbild gibt ausschließlich die Meinung der befragten Wähler wieder – und liefert keine Einschätzung der Delegierten. Wie die Tendenz unter den 1001 stimmberechtigten CDU-Mitgliedern ist, bleibt bisher reine Spekulation. Denkbar ist aber, dass sich einige Delegierte durch die Umfragen zur Beliebtheit der Kandidaten in ihrer Entscheidung beeinflussen lassen. Immerhin ist die Chance groß, dass wer auch immer CDU-Chef wird, auch als Kanzlerkandidat antritt.

Müssen sich die Delegierten offen positionieren?

Nein. Die Wahl des neuen Parteivorsitzenden ist geheim. Die Delegierten halten also keine Stimmkarte in die Höhe, sondern können versteckt hinter Pappaufstellern – ähnlich wie in einer Wahlkabine – an ihrem Platz ein Kreuzchen bei ihrem Favoriten machen.

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